Eigentlich wollte ich es bei der Unterhaltung in der Shoutbox belassen, aber meine Nachricht hat das Zeichenlimit überschritten. Da ich meine Gedanken dazu trotzdem gerne vollständig loswerden möchte und wir hier auch etwas geordneter diskutieren können mache ich doch mal das Thema hier auf.
Von dem Fall habt ihr ja mittlerweile alle gehört.
Bei einem Rennen der britischen Formel 4 am vergangenen Sonntag verunglückte Billy Monger schwer.
Patrik Pasma wurde überraschend langsamer und Monger sah das Fahrzeug vor ihm nicht, da es von anderen Konkurrenten, die noch ausweichen konnte, verdeckt wurde. Er fuhr auf und es dauerte mehr als 90 Minuten, bis er aus dem Wrack geborgen werden konnte.
Mittlerweile gibt es für ihn und seine Familie die traurige Gewissheit: Er hat bei seinem Unfall beide Beine verloren.
Die Reaktion der Motorsportfans ist begeisternd: Sein Management hat eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen, tausende Fans und auch einige Größen des Motorsports haben bereits umgerechnet fast 600.000€ gespendet. Ziel der Aktion ist es, ihn nicht nur jetzt zu unterstützen, sondern auch dafür zu sorgen, dass er in den nächsten Jahren wieder vollwertig und aktiv am Leben teilnehmen kann.
So gut ich die Aktion finde, ein bisschen Kritik gibt es aber auch von meiner Seite, denn die Aktion hat meiner Meinung nach einen faden Beigeschmack (wofür Monger absolut nichts kann! Ich wünsche ihm selbstverständlich alles Gute für die Zukunft!).
Da Kampagne geht ja momentan ganz schön durch die Decke, und meiner Meinung nach ist das gegenüber anderen Aktionen ungerecht, weshalb ich auch nicht spenden werde.
Wer Motorsport betreibt, kennt sein Risiko. Er geht es sogar ganz bewusst ein. Sowohl der Fahrer selber, die Familie und auch die Fans müssen bei jedem Rennen mit schlimmsten Unfällen rechnen. Und es gibt ja auch nach jedem Wochenende immer wieder neue, schwere Unfälle auf YouTube oder woanders zu sehen. Alleine die Veranstaltungen in Donington Park dieses Wochenende zeigen das sehr gut:
Pures Chaos bei Rennen 3 der BTCC, der Clio Cup hatte auch einen hefigen Startcrash zu verzeichnen und bei der Formel 4 kam es zu Mongers Unfall.
Worüber viele nicht nachdenken: Mongers Unfall ist kein Einzelfall! Und das weltweite Mitleid beruht bei einigen nur auf seinem jungen Alter.
Bei schlimmen und sogar tödlichen Unfällen mit Streckenposten oder Fans gibt es ab und an Kommentare zu "Oh, das ist ja schlimm" zu lesen, aber es gibt nicht einmal ansatzweise so eine hohe Anteilnahme.
Und ganz abgesehen davon gibt es noch viele andere Menschen mit schlimmeren Schicksalen, denen nicht geholfen wird, nur weil sie eben nicht so bekannt sind.
Klar, ich hab schon die Kommentare auf Facebook gelesen, bei Monger ist das natürlich "was anderes", das ganze "trifft einen als Fan persönlich", "man weiß wo das Geld hingeht" und es handelt sich nicht um eine "anonyme Masse ohne Bezug".
Meinetwegen könnt ihr ja spenden. Finde ich auch gar nicht schlimm, hier sind ja auch alle Motorsportfans die somit ihren Sport und dessen Leute unterstützen.
Aber es gibt mehr als genug Menschen die nichts mit dem Thema zu tun haben und nur spenden weil es ja so ein armer kleiner Junge ist, und ab da fängt dann für mich die Doppelmoral an.
Letzten Endes hat da aber sowieso jeder seine eigene Meinung zu.
Was mich nur traurig bei der ganzen Sache macht:
Natürlich hat auch die Klatschpresse das Thema aufgegriffen.
Klar, das gibt ja schön Klicks und vor allem Geld durch Werbeeinnahmen. Und das Resultat: Bei web.de und gmx.de tummeln sich richtige Hasskommentare. Die Eltern seien Schuld, Motorsport ist scheiße, die Hilfe hat er nicht verdient etc.
Da sieht man leider mal wieder wie doof die deutsche Bevölkerung doch ist. Dass sich die AfD vor kurzem Hoffnungen auf 20% hatte (ja gut ich hole hier jetzt weit aus) war doch auch zu diesem Zeitpunkt gar nicht mal so unrealistisch. Und das liegt sicher nicht daran dass unsere Bevölkerung so schlau ist und die aktuelle Politik durchschaut hat wie sie es selber gerne glauben
Und dann gibt es noch Kommentare wie: "Ist sicher traurig für den Jungen aber aus meiner Sicht hat ein 17 jähriger Bengel gar nichts in einem Rennfahrzeug zu suchen."
Ganz ehrlich: Wenn man sich im Motorsport nicht auskennt ist das wirklich gar kein Problem, aber man muss auch nicht zu jedem Thema den Mund ohne nachzudenken aufmachen. Auch bei Radrennen gibt es teilweise sogar tödliche Unfälle, soll man das erst ab 18 erlauben? Oder ist das auch noch zu jung? 20? 25? Oder eignen sich solche Sportarten, und unseren demografischen Wandel aufzuhalten und wir schicken da nur noch Rentner hin?
Naja. Ihr seht, ich finde das Thema an sich sehr interessant und hoffe natürlich nur das beste für Monger, andererseits sehe ich auch einige kritische Punkte an der Sache die mir nicht so sehr gefallen.
Unterm Strich ist das alles aber nur eine persönliche Wahrnehmung.
Das Wichtigste ist, dass Monger sich so gut es geht erholt, aufrappelt und sein Leben bestmöglich weiterlebt. Ob sich sein Weg dann nochmal mit dem Motorsport kreuzen wird oder nicht werden wir sicherlich mitbekommen, bis dahin wünsche ich ihm gute Genesung und hoffe, dass er mit seinem Schicksal und den damit verbundenen Veränderungen und Einschränkungen klarkommt.